Frau, Partnerin, Mutter – Sterbe- & Trauerbegleiterin – Matriarchatserkunderin – Kreistänzerin – Ritualliebende – Ergotherapeutin

Meine Frau- werdung im Zeitraffer

Geboren 1962 im „heiligen Land Tirol“ wuchs ich einerseits in stark patriarchalen und katholischen Strukturen auf. Andererseits: ich lebte in einem großen „Clan“ – zeitweise mit 5 Familien unter einem Dach, mit meiner Großmutter als Sippenzentrum. Sie hielt Haus, Garten und Geld in ihren Händen und war eine gestrenge Wächterin über Moral und Sitte – das machte sie zu einer bewundernswerten und auch gefürchteten Frau für mich.

Als „Scheidungskind“ der frühen 60iger Jahre war ich auch geprägt von daraus folgenden erschwerten Umständen: ich wuchs großteils bei den Großeltern auf, Mutter war arbeiten, versuchte uns „durchzubringen“ und den schiefen Blicken der Dorfbewohner_innen zu widerstehen.

Ein abwesender Vater und Kämpfe mit dem Stiefvater durchzogen meine Jugendjahre, Aufklärung…naja…ein Buch wurde mir in die Hand gedrückt, mit „wohlmeinenden“ Sprüchen wie „pass auf, die Männer wollen alle nur das Eine“ wurde ich in die Welt geschickt, immer unter den Argusaugen der Familie. Verängstigt, „zu dick“ und mit einem Selbstwert nahe dem Nullpunkt schlitterte ich durch erste Beziehungen…. Mein Ankerpunkt: mein Opa, ein fröhlicher, weicher und verständnisvoller Mensch – heute wäre er wohl ein Vertreter der „neuen Männer“- hat mir den Boden des Vertrauens bereitet, mir das Tanzen ins Herz gelegt und die Zuversicht, dass alles gut wird.

Meine Ausbildung zur Ergotherapeutin in der „Großstadt“ und danach die Fortbildungen und Supervisionen an meinen Arbeitsstellen öffneten mir nach und nach die Augen – ich sah die gläsernen Decken, die strukturellen Benachteiligungen von Frauen auf allen Ebenen und nahm mir vor, es ganz anders zu machen….

Klappte ganz gut, bis zum ersten Kind: schon war ich drin in der typischen Frauenwelt: nach der Karenz folgte eine reduzierte Arbeitszeit, Karriere hintenangestellt, Väterkarenz-unvorstellbar damals. Meine Zeit zwischen Windeln, Kind herumtragen, kochen und vereinsamen im neuen Haus am Land…furchtbar, um es mit einem Wort zu sagen. Mein Mann tat sein Bestes, jedoch war er ebenso in den Strukturen gefangen und strudelte durch die Erwartungen der Arbeitgeber und denen als Vater und Partner.

Nach und nach schuf ich mir nährende Felder: zuerst mit den Frauen und Kindern auf Spielplätzen, dann startete ich einen Frauentreff, wurde Mitgründerin eines Service-und Familienbüros und eines Sozialmarktes, später auch Teil eines Hilfsprojektes für Flüchtlinge. Zudem bildete ich mich fort und bekam mehr und mehr Einblick in die „Schieflage“ unserer westlichen Gesellschaft, bekam Ideen wie es anders gehen konnte, begeisterte mich für den möglichen und not-wendigen Wandel.

Ich arbeitete immer als Ergotherapeutin, auch mit drei Kindern – was mich mehr als 1x an den Rand des burnouts brachte – ein hoher Preis für meine oberste Prämisse: keine Abhängigkeit. Alles ohne unterstützendes familiäres Netzwerk rundrum, also 20 Jahre jonglieren zwischen Arbeit, Kindern, Partnerin sein, Haushalt schupfen…morgens um ½ sechs aus den Federn und um 24:00 k.o ins Bett.

Neben der Selbstaufgabe kostete uns das beinahe unsere Ehe. Der Weg war steinig und lohnenswert zugleich – wir haben enorm viel dabei erlebt und gelernt über Familie, Ehe, Erziehung und Frau/Mann sein in einer patriarchal orientierten Welt. Wir sind Lernende und Übende im Kleinen und versuchen beide unsere Erfahrungen weiter zu geben.

Für all das bin ich sehr dankbar, denn es hat mich zu der gemacht die ich nun bin, eine cis weiße Frau mit offenem Herzen und dem unbändigen Wunsch immer weiter zu wachsen und zu lernen.

Weibliches Führen bedeutet für mich

-Räume zu öffnen und zu halten um Menschen über Schwellen und zu ihren Potenzialen zu begleiten

-die Weisheit der Vielen und das Verbindende zu fördern

-Das große Ganze zu sehen und zu hüten und Entscheidungen zu treffen und Handlungen zu setzen, die dem Gemeinwohl und dem Leben dienen